Besteck M 140 – ein Kulturkampf

Besteck M 140, 1961, Entwurf Lutz Rudolph, VEB Auer Besteck und Silberwarenwerke ABS. Foto: Georg Eckelt
Besteck M 140, 1961, Entwurf Lutz Rudolph, VEB Auer Besteck und Silberwarenwerke ABS. Der Entwurf entstand im gleichen Jahr wie der der Stehlampe KONTRAST. Der Buchstabe M bezieht sich auf die Produktion aus einem Monoblock. Die Handhabung ist angenehm unaufdringlich und auffallend leicht. Der geringe Materialaufwand und die zurückgenommene Gestaltung sollten den Benutzer auf sein Essverhalten fokussieren. Unterstützt werden sollte ein genussvolles Essen um ein hastiges, unkonzentriertes Essverhalten zu vermeiden. Entsprechend lag der Fokus des Gestaltungsentwurfes in der Tätigkeit selbst und nicht in einer aufgesetzten Formgebung. Der DDR Staat verhinderte den kommerziellen Erfolg des Entwurfes indem er fast ausschließlich kleine, ländliche Gebiete mit dem Besteck belieferte. In größeren Städten war das Produkt schnell vergriffen, es konnte aber nicht nachgeliefert werden. Foto: Georg Eckelt

 

Besteck M 140 Modell, Neuauflage, 1974, Entwurf Lutz Rudolph. Foto: Georg Eckelt
Besteck M 140 Modell Neuauflage, 1974, Entwurf Lutz Rudolph. 1974 gab es im Rahmen eines Wettbewerbs einen weiteren Besteck Entwurf von Lutz Rudolph, nun versehen mit schmalen Schlitzen um eine Wandaufhängung zu ermöglichen. Dieses Besteck wurde nicht produziert. Foto: Georg Eckelt.

Vor der Serienproduktion des Bestecks M 140 lag in der Industriewarenabteilung des HO-Kaufhauses II in Halle (Markt 3-7) ein Testbuch aus. Darin wurden Meinungen über die Gestaltung gesammelt. Einige Auszüge:

„Bei diesem Besteck hat der Erfinder an Geschmacksverirrung gelitten.“

„Das gezeigte Besteck ist ausgesprochen formschön und ausgeglichen. Es wäre zu begrüßen, wenn es bald im Handel zu bekommen wäre:“

„Etwas Neues, aber äußerst primitiv. Die Menschen wünschen einfache, aber geschmackvolle Bestecks. Das ist für Künstler am FKK-Strand!“

„Hoffentlich gibt es das Besteck bald zu kaufen, wenigsten für die Menschen, denen es gefällt. Für alle anderen empfehle ich weiterhin Essinstrumente mit eingeprägten Gartenzwergen.“

„Schade um das Material und die Arbeitszeit. Nichts gegen neue Wege in der Besteckfertigung. Aber als Gebrauchsgegenstand für die breite Masse der Bevölkerung finde ich es unpraktisch und geschmacklos.“

„Einverstanden mit dem Entwurf. Man sollte auch für Extravagante Modelle auf den Markt bringen.“

„Dieses Besteck stammt wohl aus dem Mittelalter, die heutige Entwicklung ist schon weiter fortgeschritten.“

„Produziert es ganz schnell!“

 

Ausstellungsvitrine mit Besteck M 140, 1961Lutz Rudolph (VEB Auer Besteck und Silberwarenwerke ABS) und zeitgenössischen Kommentaren dazu (Faximile). Foto: Christoph Beer
Ausstellungsvitrine mit Besteck M 140, 1961Lutz Rudolph (VEB Auer Besteck und Silberwarenwerke ABS) und zeitgenössischen Kommentaren dazu (Faximile). Foto: Christoph Beer