Lutz Rudolph erwarb seine konstruktiven Kenntnisse im Autobau durch einen „Dixi 3/15“ (Automarke aus Eisenach) aus den späten 1920er Jahren.
Er zerlegte den nichtfahrbaren Oldtimer in alle Einzelteile und setzte ihn wieder instand. Sein zweites Auto war ein „Citroën 2CV“, die legendäre Ente. Auch diesen Wagen nahm er komplett auseinander, um die Konstruktion zu verstehen.
Zusammen mit Karl Clauss Dietel arbeitete er über 20 Jahre lang an der Entwicklung neuer Automodelle. Dietel hatte sein technisches Knowhow durch ein Studium an der Ingenieurschule für Kraftfahrzeugbau Zwickau erworben. Die beiden Formgestalter vereinte die Idee, Kleinwagen eines ganz neuen Typus zu entwerfen, die sich international sehen lassen konnten. Am Anfang dieser Entwicklung stand für Rudolph das Steilheck des „Wartburg 353 tourist“, der auch in dieser Ausführung gebaut wurde.
Mit „Wartburg 353 coupé“ (1965) entwarf er zusammen mit Dietel ein dreitüriges Fahrzeug mit Vollheck, das seiner Zeit weit voraus war. Es hatte keine Chance, produziert zu werden. Bei VW in Wolfsburg begann 1966 ein gewaltiges Entwicklungsprojekt unter dem Codenamen EA 266, um einen Nachfolger für den Käfer zu finden. Der „VW Golf“ ging ab 1974 in Serie. Bei VEB Sachsenring Zwickau kam 1964 der „Trabant 601“ auf den Markt. Wegen dessen gestalterischer Mängel beauftragte der Betrieb Dietel und danach Rudolph mit der Neukonzeption eines Fahrzeugs (P 603). Im Mittelpunkt ihrer Überlegungen stand ein Familienauto mit guten Gebrauchseigenschaften und funktionaler Form.
Wie bei jeden Entwurf entwickelten sie das Fahrzeug von innen nach außen. Es entstanden mehrere Produkte und Studien, die auf der gleichen Stufe standen wie der Autobau in Westdeutschland. Fast alle schafften es in mehreren Varianten bis zum gebauten Funktionsmustern, die in Probebetrieb gingen. Alle einte ein Schicksal: der P 603 wurde im Herbst 1968, ein anderes Projekt 1973 und der P 610 schließlich 1979 rigoros gestoppt.
Obere Abbildung: Fahrzeugentwürfe von Lutz Rudolph und Clauss Dietel. Ausstellungsansicht, Museum für Angewandte Kunst Gera. Text: Doris Weilandt